Beim ersten Treffen des CIONET Arbeitskreises „IT Fachkräftemangel“ am 27. Januar 2013 haben wir versucht, die Thematik aus der Sicht von Anwenderorganisationen zu betrachten.
Was deutlich ist: dieses Problem besteht nicht erst seit gestern und wird auch nicht kurzfristig zu lösen sein. Fakt ist auch: es gibt zu wenig Fachkräfte für offene Stellen in den IT Abteilungen der meisten Anwenderorganisationen. Egal, ob es sich um Großunternehmen, um den Mittelstand oder den öffentlichen Dienst handelt. In unserer Diskussion kamen wir sehr schnell auf mögliche "interne" Gründe, die eine Ursache für diese Situation sein könnten:
Mangelnde Sichtbarkeit der Rolle der IT
Ohne IT geht kaum noch etwas, dennoch wird der Mehrwert der IT im Unternehmen immer noch zu wenig wahrgenommen. Dies liegt einerseits an der Erwartung der Nutzer an die "Commodity IT", dass die IT 24/7/365 zu funktionieren hat, egal wie. Andererseits haben es die IT Abteilungen auch nicht ausreichend geschafft, ihren eigenen Mehrwert darzustellen und zu "vermarkten".
Attraktivität eines Arbeitsplatzes in der IT
Während die moderne IT & KT stets weiter in den Alltag eindringt und inzwischen eine hohe Attraktivität für Privatnutzer besitzt, ist das Arbeiten in der IT nicht unbedingt "Top of the List" für potentielle Mitarbeiter. Ein Job in der IT Abteilung eines Unternehmens wird mit hohem Arbeitsdruck, viel Routine und wenig Anerkennung in Verbindung gebracht. Es ist für Talente nicht wirklich "cool", in der IT Abteilung zu arbeiten - noch dazu, wenn die Vergütungs- und Arbeitsmodelle mit der Erwartungshaltung der Generation Y in Konflikt stehen.
Nachhaltigkeit in der Personalpolitik
Viele Unternehmen folgen in Phasen wirtschaftlichen Abschwungs dem Prinzip "Kosten runter, Personal einsparen". Selbst im eigenen Unternehmen ausgebildete und hochqualifizierte Fachkräfte sind davon betroffen. Zwar wird im Aufschwung dann wieder eingestellt, aber ehemalige Mitarbeiter werden sich eher zögerlich wieder für das Unternehmen interessieren, wenn es keine Arbeitsplatz-Sicherheit gibt und zusätzlich genügend andere Arbeitgeber in der Reihe stehen.
Mitarbeitermotivation und Entwicklung als Management Tool zu wenig genutzt?
Von CIOs wird erwartet, die besten IT Mitarbeiter für das Unternehmen zu finden und diese langfristig an das Unternehmen zu binden (zumindest solange es keine Wirtschaftskrisen gibt). Haben die IT Verantwortlichen dafür das benötigte Rüstzeug? Werden CIOs und IT Leiter als Vorgesetzte gesehen, für die man gerne arbeitet? Und haben die Unternehmen frühzeitig Modelle zur Mitarbeiterentwicklung im ITK Umfeld implementiert, um z.B. Seiteneinsteigern den schnellen Einstieg in eine neue IT Rolle zu ermöglichen?
Schlummernde Potentiale beim Bestandspersonal
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Mit steigender Lebensarbeitszeit verfügen wir über ein großes Potential der Bestandsexperten. An Stelle derer häufig bedarfsorientierter und projektbezogener Fortbildung können - auch bei der Gereration 50+ -Personalentwicklungspläne treten. Diese sollen neben den hard facts auf soft skills setzen, bspw. den Wandel in der IT-Arbeitswelt berücksichtigen und Beiträge zur Überwindung der digitalen Kluft zum nachwachsenden IT-Personal und dem neuen Anwendertypus "Generation Y" leisten.
Provokativ könnte die Frage also lauten: Sind wir, die CIOs, bzw. unsere Unternehmen selber Schuld an dem aktuellen Mangel an ITK Fachkräften? Und falls ja, welche „quick wins“ und welche Vorgehensweisen gibt es, dies zu korrigieren?
Wir sind uns natürlich bewusst, dass es auch externe Gründe für die aktuelle Situation gibt. Wir wollen die Diskussion als CIONET aber zunächst da ansetzen, wo wir, die CIOs und IT Verantwortlichen von Anwenderunternehmen, selbst eine Veränderung beeinflussen können.
Lassen Sie uns das Thema gemeinsam aufgreifen. Wir laden IT Verantwortliche zum Dialog und zur Mitarbeit an diesem wichtigen Thema ein, bitte beteiligen Sie sich an unserer Initiative!
Mit freundlichen Grüßen,
Hans Pongratz, SVP & CIO, TU München
Jürgen Renfer, CIO, KUVB
Carsten Trapp, CIO & Mitglied der Geschäftsleitung, SICK AG
Tobias Frydman, Geschäftsführer, CIONET GmbH
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