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KI als strategischer Hebel – interView mit Gebhard Proske

Written by Anna Ponikowska | November 19, 2025 @ 1:56 PM

Künstliche Intelligenz verändert nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft, sondern wirft auch neue strategische Fragen für die Verteidigungsbranche auf. Gebhard Proske, Head of Transversal Products & Services bei Airbus Defence and Space und Moderator des Panels „AI & Defence – Between Innovation and Sovereignty“ bei AI Horizons, gibt in diesem kurzen Interview einen Vorgeschmack auf die Diskussion und teilt zugleich seine persönlichen Einblicke an der Schnittstelle von KI, Innovation und technologischer Souveränität.

Gebhard, Du moderierst das Panel „AI & Defence – Between Innovation and Sovereignty“. Was fasziniert Dich persönlich an der Schnittstelle zwischen Künstlicher Intelligenz, Innovation und Souveränität?

Mich fasziniert an dieser Schnittstelle vor allem die strategische Dimension: KI ist nicht nur eine Technologie, sondern ein Hebel, um Fähigkeiten neu zu denken – in der Wirtschaft, in staatlichen Institutionen und ganz besonders im Verteidigungsumfeld. Innovation passiert heute in Zyklen, die schneller sind als jede klassische Beschaffungs- oder Entwicklungslogik. Gleichzeitig erfordert technologische Souveränität bewusste Entscheidungen darüber, was wir selbst beherrschen müssen, um unabhängig und handlungsfähig zu bleiben. Die Balance zwischen rascher Innovation, verantwortungsvoller Nutzung und souveräner Kontrolle dieser Technologien zu finden, ist eine der spannendsten und anspruchsvollsten Aufgaben unserer Zeit.

Die Verteidigungsbranche ist ein besonderer Bereich, wenn es um den Einsatz von KI geht. Wie schätzt Du die Bedeutung dieses Themas für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt ein?

Sie ist strategisch relevant – nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich. Deutschland kann hier Innovationskraft stärken, Talente fördern und technologische Unabhängigkeit ausbauen. In der Verteidigung beeinflusst KI nicht nur militärische Leistungsfähigkeit, sondern schafft erhebliche Impulse für Forschung, Industrie und Talente. Entscheidend ist aber, gesellschaftliches Vertrauen in den verantwortungsvollen Einsatz zu schaffen. Im Kern bedeutet das vor allem, dass die finale Entscheidungshoheit und die Rechenschaftspflicht immer beim menschlichen Bediener verbleiben. Die Erweiterung menschlicher Fähigkeiten mittels KI ist entscheidend, aber nur kontrolliert und verantwortungsvoll.

Welche Herausforderungen, aber auch Chancen siehst Du in der Anwendung von KI im sicherheitskritischen Umfeld? Gibt es dabei Aspekte, die Deiner Meinung nach oft übersehen werden?

Zu den größten Herausforderungen gehören die Verlässlichkeit der Modelle, robuste Datenarchitekturen und die Fähigkeit, KI-Systeme auch unter extremen Bedingungen sicher zu betreiben. Gleichzeitig sehe ich enorme Chancen: KI kann Entscheidungsprozesse beschleunigen, die Lageerfassung verbessern und Ressourcen effizienter einsetzen. Grundvoraussetzung ist die Nachvollziehbarkeit von KI Modellen: Wir müssen verstehen, warum eine KI eine bestimmte Empfehlung abgibt. Ein „Black Box“-Ansatz ist insbesondere in Bereichen, in denen Menschenleben und nationale Sicherheit auf dem Spiel stehen, inakzeptabel.

Was häufig übersehen wird, ist der Faktor „Human-Machine Teaming“. Es geht nicht darum, Menschen zu ersetzen, sondern ihre Fähigkeiten zu erweitern. Ebenso dürfen wir die zugrundeliegenden Regularien nicht vergessen. Wir müssen insbesondere in Deutschland die Regulatorik modernisieren und fit für diese Zukunftstechnologien machen. Auf europäischer Ebene brauchen wir eine Harmonisierung oder zumindest wechselweise Akzeptanz von nationalen staatlichen Vorschriften.

Wenn Du an die nächsten fünf Jahre denkst: Wie wird sich das Verhältnis zwischen Innovation, Sicherheit und technologischer Souveränität in Europa verändern – und welche Rolle wird dabei KI spielen?

Europa wird gezwungen sein, bei der technologischen Souveränität mutige Entscheidungen zu treffen – insbesondere im Bereich Cloud, Datenräume, KI-Plattformen und Halbleiter. Ich hoffe, dass wir eine klarere europäische Positionierung sehen werden, die Innovation nicht ausbremst, sondern gezielt beschleunigt. KI wird dabei ein verbindendes Element sein: Sie macht deutlich, wie eng Innovation und Sicherheit verknüpft sind. Wer KI souverän beherrscht, schafft nicht nur neue Fähigkeiten, sondern stärkt auch seine wirtschaftliche Resilienz und geopolitische Unabhängigkeit.

In weniger als fünf Jahren wird KI so weit verbreitet sein, dass die Frage nicht mehr lautet, ob wir sie nutzen, sondern wem die Technologie und die Daten gehören, mit denen wir sie nutzen.

 

 

Was erwartest Du persönlich von der Diskussion im Panel? Gibt es bestimmte Perspektiven oder Kontroversen, die Du besonders spannend findest und die Du gerne mit den Teilnehmenden vertiefen möchtest?

Ich freue mich besonders auf Perspektiven, die über die übliche technologische Betrachtung hinausgehen:

  • Welche Rolle spielt KI sowohl in der Unternehmens-IT als auch in der Produktentwicklung strategisch?
  • Wie gelingt verantwortungsvolle Innovation bei gleichzeitig hohem Druck die Fertigungskapazitäten zu steigern?
  • Wo muß Europa bewusst eigene Wege gehen und wo ist internationale Kooperationen der bessere Ansatz?

Darüberhinaus möchte ich gerne die Frage vertiefen, wie wir die Brücke zwischen dem rasanten Tech-Startup-Ökosystem und den oft langsamen, streng regulierten Verteidigungsstrukturen schlagen können. Der "AI Horizons" Titel ist Programm: Wir müssen über den Horizont blicken und Wege finden, wie Innovationen schnell und sicher in unsere Verteidigungsfähigkeiten integriert werden können, ohne die notwendige Kontrolle zu verlieren.

 

Seid gespannt auf das Panel, in dem Experten diskutieren, wie KI strategische Entscheidungen, Verteidigungsfähigkeiten und technologische Souveränität in Europa prägt. Für alle, die sich für AI Horizons am 27. November 2025 in Frankfurt noch nicht angemeldet haben, geht es hier zum Anmelde-Link.